Spannung, Dramatik und Nervenkitzel pur vor der Ravensburger Regionalliga-Rekordkulisse von 946 Zuschauern – das erste Spiel zwischen dem EVR und dem SC Bietigheim/Bissingen bot alles, was ein Play-off im Eishockey ausmacht. Mit 6:4 behielten die Gäste aus dem Ellental am Ende die Oberhand. In einer Begegnung zweier Mannschaften auf Augenhöhe wirkte die 1b der „Steelers“ insgesamt physisch präsenter, während Ravensburg seine technischen Fertigkeiten zu selten in Tore ummünzen konnte.

Es würde einen verdienten Sieger und einen unverdienten Verlierer geben. Das stand zur zweiten Pausensirene beim Zwischenstand von 4:4 fest. Der EVR schien zwischenzeitlich bei 1:3 und 2:4 bereits auf der Verliererstraße zu sein, kämpfte sich aber zurück. Die entscheidende Szene in der 52. Minute. Ein Fehlpass des EVR im gegnerischen Drittel öffnete Bietigheim den Raum zum schnellen Gegenstoß. Eigentlich war die Situation bereits entschärft. Aber ein Querpass der Ravensburger durchs eigene Drittel landete beim Gegner und letztlich bei Lars Heintz. Sein Schuss von der blauen Linie hoch ins Netz bedeutete das entscheidende 4:5.

Mit maximalem Tempo waren beide Mannschaften ins Spiel gegangen. Die erste Bietigheimer Strafzeit brachte dem EVR die Führung. Lubos Sekula passte auf Johann Katjuschenko, der die Scheibe aus spitzem Winkel ins freie Eck jagte. In der 10. Minute pfiffen die Schiedsrichter gegen den EVR eine Strafzeit der Kategorie „kann man, muss man aber nicht“. Die Folge war der Ausgleich durch Lukas Traub in der 11. Minute. Der EVR reklamierte „hoher Stock“. Das Schiedsrichtergespann war sich nach kurzer Rücksprache aber einig, dass der Treffer zählt.

Im zweiten Drittel erhöhte Bietigheim noch einmal den Druck und schien das Spiel frühzeitig zu entscheiden. In der 22. Minute tauchte Robin Feist frei vor EVR-Goalie Heckenberger auf und schob die Scheibe frech zwischen den Schonern hindurch. Nur zwei Minuten später zeigte das Gespann Windisch/Vostarek seine Qualitäten. Vostarek passte quer durchs Ravensburger Drittel, Windisch versenkte die Scheibe aus vollem Lauf hoch im Ravensburger Gehäuse. Zwischenzeitlich musste EVR-Verteidiger Leon Dona mit einer Disziplinarstrafe eine Pause einlegen. Er war heftig mit einem Bietigheimer zusammengeprallt, der danach liegen blieb. Der Schiedsrichter hatte einen Check gegen Kopf und Nacken gesehen. Auch das ist eine für den EVR strittige Szene.

Es ging im zweiten Abschnitt in gleichem Tempo und gleichem Takt weiter, erfolgreich zunächst für den EVR. Simon Heckenberger erzielte in der 26. Minute den 2:3-Anschluss. Eineinhalb Minuten später konnte Torhüter David Heckenberger einen scharfen Schuss von Lukas Traub noch parieren. Die Scheibe fiel Justin Held vor den Schläger, der sofort zum 2:4 ins kurze Eck abzog. Bietigheim war in der Folge dem fünften Treffer nahe, musste aber gegen Ende des Drittels dem hohen Tempo Tribut zollen. Es gab wieder mehr Raum für den EVR. Den nutzte die zweite Reihe durch Philipp Heckeberger in der 37. und in der 40. Minute mit zwei Treffern zum Ausgleich. Die Vorlagen kamen beide Male von Jonas Mikulic und Alex Katjuschenko.

Im Schlussdrittel hatte Andre Martini in der 45. Minute die Chance zur Führung, setzte die Scheibe aber über das Tor. Beide Teams mussten gegenüber den ersten beiden Abschnitten das Tempo etwas drosseln, wobei Bietigheim insgesamt die größeren Reserven zu haben schien. Ravensburg musste sich auch nach der erneuten Bietigheimer Führung aufs Kontern verlegen und hatte vier Minuten vor dem Ende durch Philipp Heckenberger und Alex Katjuschenko, die frei vor dem Tor zum Schuss kamen, kurz hintereinander zwei erstklassige Chancen. Doch der junge Frantisek Gistr im Tor der Gäste bot eine hervorragende Partie.

In der 57. Minute kassierte Bietigheim eine Strafe. EVR-Coach Martin Masak nahm seinen Torhüter vom Eis und drückte mit sechs gegen vier Feldspielern auf den Ausgleich. In der 58. Minute hofften die Ravensburger sogar auf eine doppelte Überzahl. Timo Heintz hatte Lubos Sekula unfair von hinten niedergefahren. Doch der Schiedsrichter hatte Sekula zu spektakulär fallen gesehen und brummte auch ihm zwei Minuten wegen Unsportlichkeit auf. Der entgeistert auf dem Eis sitzende EVR-Verteidiger weigerte sich zunächst, in die Kühlbox zu marschieren. Dem EVR fehlte in den Schlussminuten der wichtigste Mann an der blauen Linie.

Bietigheim hatte wenig später die Chance zum sechsten Treffer, doch die Scheibe driftete kurios wenige Meter vor dem EVR-Tor nach links ab. 22 Sekunden vor dem Ende rutschte der Befreiungsschlag von Justin Held aber zum 4:6 ins leere Tor.

Emotional wurde es noch einmal nach dem Schlusspfiff. Das EVR-Team holte zur Dankesrunde vor den Fans den schwer verunglückten Mannschaftskameraden Maximilian Lenuweit im Rollstuhl auf das Eis. Die Familie nutzte die Gelegenheit, sich noch einmal für die große Hilfe, die auch aus den Kreisen der Regionalligavereine gekommen ist, zu bedanken.

Am kommenden Samstag um 17 Uhr spielt das EVR-Team in Bietigheim. Gewinnt Bietigheim auch dieses Spiel wäre der EVR ausgeschieden. Gewinnt der EVR, kommt es am übernächsten Wochenende zum entscheidenden dritten Spiel in Ravensburg. Der genaue Termin hinge in diesem Fall auch von den Play-off-Terminen der Towerstars ab und wird nach dem kommenden Wochenende bekannt gegeben.

EV Ravensburg – SC Bietigheim/Bissingen 4:6 (1:1; 3:3; 0:2)
1:0 (8:07) J. Katjuschenko (L. Sekula, S. Kirsch; PP1); 1:1 (11:19) Traub (Feist; PP1); 1:2 (21:23) Feist (Traub, Heintz L.); 1:3 (23:34) Windisch (Vostarek, T. Heintz); 2:3 (25:30) S. Heckenberger (Martini, Fehr); 3:4 (36:46) Ph. Heckenberger (Mikulic, A. Katjuschenko); 4:4 (39:25) Ph. Heckenberger (Mikulic, A. Katjuschenko); 4:5 (51:43) L. Heintz (T. Heintz, Weigandt); 4:6 (59:38) Held (EN)
Strafen: EVR 16 + 10; Bietigheim 14